Strategische Schulraumplanung – Standpunkt der IG Wichtrach
Die Variante 2 – Rückbau und Neubau der Schulanlage am Bach – hat grosse Vorteile, weil
- die Dorfstruktur erhalten bleibt,
- die Schulwege für viele Kinder kürzer bleiben,
- die Verkehrssicherheit einfacher zu gewährleisten ist und
- wichtige Freizeitflächen für die Vereine bestehen bleiben.
Unser Dorf bleibt in seinem Kern unverändert, wodurch die dezentrale Variante 2 einfacher und weniger risikobehaftet ist. Die Risiken für Mehrkosten aufgrund der hohen Komplexität und langen Projektdauer werden minimiert.
Die IG Wichtrach empfiehlt den Stimmbürger*innen:
Variante 1: Nein; Variante 2: Ja; Stichfrage: Variante 2
Die Schulraumerweiterungen, welche von der Gemeindebehörde vorgelegt werden, begrüsst die IG Wichtrach. Die IG befürchtet aber, dass in diesem Projekt wichtige Faktoren unbeachtet bleiben und die Vorteile bei einer Konzentration an einem Standort überbewertet werden.
Die Schulraumplanung der Gemeinde Wichtrach zeigt sich in erster Linie als ein reines Immobilienprojekt. Die Bereiche Orts-, Raum- und Verkehrsplanung fehlen. Bei der Betrachtung von Wichtrach aus der Vogelperspektive sind zwei Dorfteile an den beiden Verkehrsachsen Bern-Thun ersichtlich, der Hauptstrasse und der Bahnlinie entlang. Beide Dorfteile sind in etwa bevölkerungsmässig gleich gross und haben in der Zukunft vergleichbares Wachstumspotenzial. Der Auftrag vom Kanton, die Siedlungsentwicklung nach innen zu verdichten, ist im Dorfteil entlang der Hauptstrasse einfacher umzusetzen. Dessen lockere Besiedlung erfüllt die Vorgaben vom Kanton ideal. Es können hier familienfreundliche Quartiere entstehen. Das Schulhaus am Bach wird somit auch in Zukunft eine wichtige Bedeutung als Schulstandort und Begegnungsort haben.

Durch die Zentralisierung der Schulen im Stadelfeld müssten ca. 130 Kinder die stark befahrene Bernstrasse überqueren. Dies ist für die Schulwegsicherheit und für den Strassenverkehr eine zu grosse Belastung. Mehr Eltern werden ihre Kinder mit dem Auto in die Schule bringen. So gibt es auch mehr Verkehr in den Quartieren und auf den Hauptachsen. Die flankierenden Massnahmen werden Zusatzkosten zur Folge haben.
Die IG Wichtrach rechnet damit, dass es erhebliche Zusatzkosten geben wird wegen flankierender Massnahmen, um das zusätzliche Verkehrsaufkommen rund um das Stadelfeld zu steuern. Durch eine Zentralisierung werden sich Elterntaxis, Schülertransportbusse sowie Velofahrer und Fussgänger die gleichen engen Quartierstrassen teilen.
Um die Verkehrssicherheit in den Quartieren rund um das Stadelfeld sowie bei der Überquerung der Bernstrasse zu gewährleisten, werden bis anhin nicht berücksichtigte Kosten zur Verkehrslenkung anfallen. Die Stadelfeldstrasse ist aktuell nicht für den Busbetrieb ausgelegt, so gibt es beispielsweise keine bestehende Haltestelle.
Es ist leider auch davon auszugehen, dass die Anzahl der vorhandenen Parkplätze im Stadelfeld nicht ausreichend ist für den gesteigerten Bedarf, wenn plötzlich mehr Lehrpersonal, Elterntaxis, Tagesschulmitarbeitende etc. Anspruch darauf erheben. Es werden daher ergänzende Massnahmen nötig sein.
Ausserdem wird bei einer Zentralisierung der Schulbetrieb am Bach noch 10 – 15 Jahre aufrechterhalten werden. Für diesen Zeitraum sind zur Teilsanierung der Schulanlage am Bach lediglich CHF 200’000.- eingerechnet. Wir gehen davon aus, dass dieser Betrag die Kosten für die Instandhaltung nicht decken wird.
Nein. Die Lärm- und Parkplatzprobleme bei den rund 35 Events pro Jahr werden vom Bach nur in das Stadelfeld verlagert. Es ist nicht damit zu rechnen, dass das Parkplatzangebot für Events dort grösser ist als am Bach. Daher ist im Stadelfeld mit Wildparkieren in ähnlichem Ausmass zu rechnen.
Schülerzahlen können nur schätzungsweise anhand der Geburtenzahlen ermittelt werden. Eine Prognose weiter als 5 Jahre ist nicht möglich. Auch die demografische Entwicklung von Quartieren ist nicht prognostizierbar. Der heutige Immobilienmarkt ist viel volatiler geworden. Wohnraum wird heute passend zur Lebenssituation bezogen. Die Bedürfnisse verändern sich flexibel. Die Coronazeit hat es gezeigt: Es sind derzeit Wohnungen und Häuser auf dem Land attraktiv.
Weitsichtig und langfristig gedacht ist es keine gute Idee, Eigentum der Gemeinde wie das Areal am Bach zu verkaufen, da Wichtrach noch wachsen wird. Es könnten in Zukunft Situationen entstehen, bei der 200 und mehr Kinder bei einer Schulzentralisierung die viel befahrene Bernstrasse überqueren müssten. Vermutlich wird man dann ein weiteres mal sagen: «Damals beim Neubau im Stadelfeld habe man zu wenig langfristig gedacht.» (Vgl. Bern Ost 2020 – Gemeindepräsident Riem)
Nein. Das Projekt wird als reines Immobilienprojekt betrachtet und ist nicht mit der Ortsplanung abgeglichen.
Folgende wichtige Punkte fehlen:
- Verändertes Mobilitätsverhalten, höheres Verkehrsaufkommen rund ums Stadelfeld (Elterntaxi / Bus / Wendeplatz),
- gefährliche Überquerungen an Bern- / Thunstrasse,
- zu kleines Parkplatzangebot im Stadelfeld (Lehrerschaft / Vereinsanlässe),
- Gewährleistung der Verkehrssicherheit inklusive zusätzlicher Fahrradstreifen, Gehsteige, Beleuchtung von dunklen Wegpartien, welche die Schüler:innen zu Fuss zurücklegen werden.
Wie stark die Schülerzahlen künftig wachsen werden, ist mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Die Gemeindebehörde geht davon aus, dass Wichtrach stark wachsen wird. Die neue Ortsplanung zeigt aber bereits auf, dass die Gemeinde Wichtrach an ihre Wachstumsgrenzen stösst. Ein weiteres Wachstum wie in den vergangenen Jahren ist nicht möglich. Möglicherweise kommt es daher in kommenden Jahren zu einer Stagnation bei den Schülerzahlen.
Sollte ein temporärer Schulraummangel auf Grund der aktuellen Dorf-Demografie vorliegen, könnte dieser auch mit provisorischen Bauten überbrückt werden. Angesichts der natürlichen Fluktuation der Schülerzahlen ist es empfehlenswert, sich Optionen offen zu halten. Daher erachten wir den Grundstücksverkauf der Schulanlage am Bach als falsch.
Die Konzentration der Schulen an einem Schulstandort ist:
- ein Eingriff in das Familienlebensmodell vieler Familien. Wegen des längeren Schulwegs ist der Besuch der Tagesschule für viele Kinder unumgänglich. Das ergibt Mehrkosten für Familien und die Gemeinde.
- ein Verlust des pädagogisch wichtigen, selbständig zu bewältigenden Schulwegs für einen Teil der Kinder.
Generell betrachtet sind die Projektkosten für beide Varianten zu hoch. Die IG Wichtrach wird sich nach der Abstimmung dafür einsetzen, dass hier die Kosten massiv gesenkt werden. Es dürfen keine Schuldenberge für Generationen angehäuft werden.
Trotzdem empfehlen wir als IG Wichtrach die Variante 2 zur Annahme.
Variante 1: Nein; Variante 2: Ja; Stichfrage: Variante 2
Die IG Wichtrach ist davon überzeugt, dass die Kosten reduziert werden können.
Zum Vergleich: Die Kosten des Neubaus der Sek Stufe 1 an der Hängertstrasse 4 betrugen im Jahr 2022 rund CHF 12 Mio. Die Fläche ist vergleichbar mit derjenigen des Schulhauses am Bach, nämlich knapp 3000m2.
Dieser Neubau war demnach zwei Drittel günstiger. Vom Umfang her wurden dort noch zusätzliche Räumlichkeiten geschaffen inklusive einer unterirdisch angelegten Mehrzweckhalle und Schutzräumen. Das bestehende Gebäude wurde ebenfalls durch einen Neubau ersetzt. Wieso ein ähnliches, nicht weniger umfassendes Vorhaben, ein Jahr später das Dreifache kosten soll, ist basierend auf den vorliegenden Informationen und auch unter Berücksichtigung der Teuerung nicht nachvollziehbar.
Gesamthaft betrachtet erachten wir die Kosten für beide Varianten als zu hoch. Dennoch empfehlen wir als IG Wichtrach, die Variante 2 anzunehmen, weil wir überzeugt sind, dass wegen der massiv kürzeren Projektdauer und des geringeren Projektumfangs weniger verdeckte Kostenrisiken bestehen.
Mit der Zentralisierungs-Variante verschwinden Freizeitflächen, weil sie für den Bau der neuen Schulanlage umgenutzt werden. Diese Freizeitzonen sind für die Lebensqualität, aber auch für die Attraktivität der Wohngemeinde Wichtrach, insbesondere für Familien wichtig.
Ausserdem betrachtet die IG Wichtrach die Begegnungszone rund um das Schulhaus am Bach als einen Ort von vielfältiger Bedeutung. Mit solchen Begegnungszonen wird die lokale Identität und der soziale Zusammenhalt der Wichtracher:innen gestärkt.
Die heutige Bautechnik erlaubt es Schulhäuser modular und flexibel zu erstellen. Verschiedene Gemeinden in der Schweiz verfolgen diesen Ansatz. Warum? Flexible Konzepte haben den Vorteil, dass bedarfsgerecht nach dem Prinzip der Notwendigkeit Schulraum angeboten werden kann. Kostspielige und schwierig umzusetzende Infrastrukturprojekte, wie Strassenerweiterungen, werden so vermieden. Wie solche Lösungen umgesetzt werden, zeigen Modulschulhäuser oder das Kindergartenprovisorium Ostermundigen.
Wieso es bei der dezentralen Lösung zu Schülertransporten aus der Region Stadelfeld und Thalguststrasse zum Schulhaus am Bach kommen soll, wurde bis heute von der Gemeindebehörde noch nie plausibel dargelegt. Auch bei einer dezentralen Lösung würde das Schulhaus Stadelfeld erweitert werden. Wieso diese Faktoren bei einer derartig aufwendigen Planung wie dem Projekt SSW nicht berücksichtigt wurden, ist nicht nachvollziehbar.
Unbedingt! Insgesamt ist es von grosser Bedeutung, dass Kinder den Schulweg selbstständig und sicher zu Fuss zurücklegen können, um ihre körperliche und geistige Entwicklung zu fördern, soziale Fähigkeiten zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und zu einer nachhaltigen und sicheren Verkehrsumgebung beizutragen. Werden zwei dezentrale Standorte beibehalten (Variante 2), ist es nach wie vor möglich, den Schulweg selbstständig und sicher zurückzulegen.
Anders schaut die Situation aus bei der Zentralisierungs-Variante. Dort gäbe es nebst langen Schulwegen für etliche Kinder folgende Sicherheitsrisiken.
Aufgerüstet werden müssten die streckenweise fehlenden Trottoirs und die Beleuchtung auf Geh- und Fahrwegen, unsichere Strassenabschnitte bei der Landi, die teilweise Verbreiterung von (zu) engen Quartierstrassen, damit verschiedene Verkehrsträger (Velo, Auto, Busse, Fussgänger) die Strassen gleichzeitig nutzen können. Diese Kosten sind in der Zentralisierungs-Variante nicht eingerechnet und würden zusätzlich anfallen.
Der Erhalt eines kleinen Schulhauses ermöglicht den Kindern der umliegenden Quartiere, dass sie einen kürzeren Schulweg sicher und selbstständig zurück legen können. Dies ist vor allem für die Kinder (1.-4. Klasse) der Unterstufe von grossem Vorteil.
Aus Sicht der IG Wichtrach gibt es schon prüfenswerte Varianten um mehr Schulraum zu gewinnen. Eine Möglichkeit wäre es, die Turnhalle unterirdisch zu bauen und mit einem Flachdach zusätzlichen Raum zu gewinnen, ohne dass dabei das Gebäude höher gebaut würde.
Aktueller BZ Artikel vom 25. Mai 2023
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